Text: Charlotte Recktenwald // Fotos: Anna Haag
Zehn Tage – das ist eine kulturelle Bereicherung der besonderen Art. Denn was in den Medien ausgelassen wird, ist der Alltag der normalen Leute und Schüler Israels, den wir dieses Jahr im Rahmen des Schüleraustausches mit der „St. Joseph Sisters School“ in Nazareth erleben durften, der für die deutschen Schüler praktischerweise auf die Woche(n) unmittelbar nach den Sommerferien fiel.
Unsere Austauschschüler kamen schon vor den Ferien zu uns; sie erwiesen sich – nach ihrem ersten Kulturschock auf den Markttagen – als deutlich weniger streng religiös und „kompliziert“ als angenommen. Schon in Deutschland knüpften wir enge Kontakte und legten die Fundamente für viele Insider-Witze, die wir dann nach den Ferien in Israel erweitern konnten.
In Nazareth landeten wir in der Begleitung von Frau Hirtz, Herrn Wörz und Herrn Scheids besten Wünschen zielgenau in einem Sandsturm, wie ihn die Israelis (nach eigener Aussage) seit fünfzehn Jahren nicht mehr erlebt hatten: Noch fast eine Woche lang atmeten wir dichte Staubwolken, in Kombination mit den Abgasen der gesetzlosen Fahrweise der Israelis und den permanenten 38°C ! Außerdem stellten wir fest, dass der geplante Schulbesuch, auf den wir alle gespannt gewesen waren, wegen eines Streiks leider ausfallen musste, worauf unsere Gastgeber jedoch schnell und mit Humor reagierten und kurzerhand das Programm umkrempelten: Wir besuchten Nazareths Altstadt, den See Genezareth (inklusive Bootstour) und nicht zuletzt Jerusalem! Glücklicherweise fanden der jüdische Neujahrsfeiertag und die damit verbundenen Unruhen an der Klagemauer erst drei Tage nach unserer Tour dorthin statt.
Diverse Kirchen und entsprechende religiöse und historische Fortbildung durften in einem Land wie Israel natürlich nicht fehlen, weshalb wir unter anderem die Grabeskirche, interessanterweise zwei Verkündigungskirchen und die Brotvermehrungskirche besichtigten.
Im Kreis der Gastfamilien verbrachten wir unsere Freizeit am Strand in Haifa und genossen das Badewannen-Feeling im Meer, was uns über das aus dem Programm gestrichene Tote Meer hinwegtröstete.
Die vollen zehn Tage über klagte jeder Deutsche mindestens einmal am Tag über einen vollen Magen: Nicht nur essen Israelis sowohl fettigere Hauptspeisen und süßere Süßigkeiten als Deutsche, sie essen auch viel mehr und viel öfter – oder besser, sie nötigen ihre Gäste zuzulangen, während sie selbst kaum etwas anrühren. Im Rahmen einer entsprechenden Tour haben wir wohl gefühlt jedes Restaurant in Nazareth und Umgebung von innen gesehen. Fremde Gewürze in Hülle und Fülle gab es an jeder Straßenecke billig zu kaufen und auf jedem der sehr altertümlichen und hübschen Märkte wurden uns diverse Spezialitäten angeboten.
Fast jeden Abend trafen wir uns zum Grillen bei einem der Gastschüler und erlebten jede Menge lustiger Situationen, auch wenn an einem Abend einer der Israelis, der sich unglücklich den Arm brach, für einen Stimmungsdämpfer sorgte. Doch nichtsdestotrotz sprechen wir jetzt, viele Selfies, Witze und Fladenbrote später von einem rundum gelungenen Austausch, bei dem wir, Deutsche und Israelis, gute Freunde geworden sind. Den Kontakt möchten wir weiterhin halten, immer in der Hoffnung, unsere israelisch-arabischen Freunde irgendwann von den Saarburger Markttagen in Richtung Oktoberfest zu führen.