Umgang mit Blindheit – Erfahrungsbericht aus dem Ethikunterricht

Blindheit: Wie gehe ich damit um?


Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 9 haben sich in den letzten Wochen im Ethikunterricht mit dem Thema Blindheit beschäftigt und ihre Erkenntnisse hier zusammengefasst.


Vorweg: „Blind“ ist nicht gleich „blind“

Man unterscheidet zwischen „Sehbehinderung“ (Sehvermögen beträgt höchstens 30%) und „Blindheit“.


Hilfsmittel und Alltag

Auch blinde Menschen können auf eine Regelschule gehen und Abitur machen, denn wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Viele schlagen anschließend Berufswege wie Jura, Pädagogik, Theologie, Sozialpädagogik oder Psychologie ein. Blinde Menschen mit Realschulabschluss machen häufig eine Ausbildung in der Physiotherapie oder in kaufmännischen Berufen (z.B. Tätigkeiten im Verwaltungsdienst oder im Büro). Trotzdem ist es schwer für blinde Menschen einen Arbeitsplatz zu finden, denn die meisten Unternehmer stellen eher sehende Bewerber ein.

Es gibt viele Hilfsmittel, die den Alltag von blinden Menschen deutlich erleichtern. Beliebte Hilfsmittel sind der Blindenhund und der Blindenstock, aber auch Smartphone und Rillenpflaster (Hervorhebungen im Boden) erleichtern den Alltag erheblich.

Blinde Menschen können auch genauso Sport treiben wie Sehende, zum Beispiel gehen sie mit einer Begleitperson joggen oder fahren auf einem Tandem Fahrrad. Auch können sie modebewusst sein, doch ob sie ein Verständnis für Farben haben, hängt davon ab, ob sie geburtsblind sind oder nicht. Hier helfen spezielle Apps, die Farben zu erkennen.


Umgang

Es gibt nichts Schlimmeres für blinde Menschen als bemitleidet zu werden oder Hilfe zu bekommen, um die sie nicht gebeten haben.

Wenn man einem blinden Menschen helfen möchte, sollte man folgendes beachten:

  1. Geht mit ihnen um, wie mit jedem anderen Menschen.
  2. Fragt ihn, ob er/sie Hilfe braucht und respektiert seine Antwort.

Habt auch keine Angst davor, Sätze wie „Auf Wiedersehen!“ oder „Sieh dir das mal an!“ zu sagen. Jedoch sind Wegbeschreibungen wie: „Gehen Sie geradeaus und biegen Sie am blauen Haus rechts ab“ nicht sehr hilfreich.


Erfahrung aus dem Unterricht

Am 29.10.2019 kamen zwei Blinde (vor ca. vier Jahren erblindet) zu uns in den Unterricht und wir konnten ihnen Fragen stellen. Hier bieten wir ein paar Auszüge aus dem Gespräch mit Fragen und Antworten, die so oder so ähnlich formuliert wurden:


„Haben Sie einen Blindenhund oder allgemein welche Hilfsmittel nutzen Sie?“

„Wir beide haben keinen Blindenhund, da die Verantwortung zu groß und auch das Gassi gehen sehr zeitaufwendig ist. Uns helfen am meisten Blindenstock, Smartphone und Freunde.“


Was tun Sie, wenn Sie eine Straße überqueren müssen, aber niemand in der Nähe ist und es auch keine „Blindenampel“ gibt?

Ich verlasse mich auf mein Gehör und wenn das Licht gut fällt, kann ich auch noch Umrisse wahrnehmen, aber die meisten Autofahrer halten auch an, da sie uns an unserem Blindenstock erkennen.


Haben Ihre Freunde Sie nach der Erblindung anders behandelt?

Nein, ich habe keinen Menschen verloren und alle wussten von Anfang an, dass ich kein Mitleid wollte.


Was vermissen Sie am meisten?

Gute Frage! Das Autofahren vermisse ich, aber allgemein fehlt mir die Selbständigkeit.


Was würden Sie uns mit auf den Weg geben?

Achtet auf eure Gesundheit, passt auf euch auf und genießt das Leben, solange ihr noch könnt!

In der nächsten Ethikstunde gaben wir Rückmeldungen zu diesem Tag. Viele unserer Mitschüler waren erstaunt, wie gut die beiden einschätzen konnten, wo wir sitzen. Manche hatten sich aber auch nicht getraut gewisse Fragen zu stellen, da sie diese für „unhöflich“ oder „zu persönlich“ empfanden.

Dennoch gab es keine negativen Rückmeldungen. Im Gegenteil, so gut wie alle fanden es interessant. Dies machte sich bemerkbar durch die Stille im Raum und die Aufmerksamkeit, die jeder dem anderen schenkte. Alle unsere Mitschüler waren geschockt, als sie hörten, wie die beiden ihr Sehvermögen verloren hatten. Einer der beiden verlor es nach einem schweren Fahrradunfall, der andere hat Diabetes und erblindete durch eine Fehlbehandlung.

Beide arbeiten zurzeit im „Dialog im Dunkeln“ in Trier. Dort ist man für ca. zwei Stunden in mehreren Räumen, in denen man überhaupt nichts sieht, denn es ist stockdunkel. Mit einem blinden „Guide“ (Führer) und einem Blindenstock in der Hand ist man dort Alltagssituationen eines blinden Menschen ausgesetzt, wie zum Beispiel dem Überqueren einer Straße oder dem Verhalten in einer Bar. Diese Ausstellung ist noch bis Ende Dezember in Trier zu besichtigen.

Wir hoffen dieser Artikel hat euch einen Einblick in das Thema „Blindheit“ gegeben und bitte denkt daran: Behandelt blinde Menschen wie „normale“ Menschen, die etwas mehr auf Hilfe angewiesen sind.

(Angelina Iseni, Jule Klein)